Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt zur Quelle: Das klagenfurter ensemble hat sich in Kärnten abseits des Theatermainstreams als Arche des kreativen Widerstands im zeit- und vorzeitgeistlichen Kulturfahrwasser fest gemacht.
Geschichten entstehen lassen
Formal hat der Weg des klagenfurter ensembles seit den späten Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts von der Pflege des internationalen zeitgenössischen Sprechtheater- und Kammeropernwerkes (Achternbusch, Genet, Bernhard, Beckett, Charms, Kafka, Pasolini, Wedekind, Jandl, Franzobel, Glass, Chailly, Hummel und viele andere) mit weit über 50 Ur- und 20 österreichischen Erstaufführungen über die vorrangige Hinwendung zu Texten Kärntner Theaterautoren (Turrini, Widner, Handke, Gstettner, Staudinger, Timber-Trattnig, Liepold-Mosser, Wölfl, Winkler und viele andere) zur Entwicklung einer spezifisch vitalen Theatersprache geführt, die basierend auf literarisch kontemporärem Textmaterial unter Einbeziehung artverwandter Ausdrucksformen (Tanz, Musik, Performance, Site Specific Theatre, Elektronische Medien, Film) die Möglichkeiten innovativer Kommunikationsstrukturen am Theater auslotet, womit auch der Wechsel vom altherkömmlich interpretatorischen „Geschichtenerzählen“ (Mitweinen, Mitlachen) zum „Geschichtenentstehenlassen“ (Anregung höchstindividueller emotionaler Rezeption durch gezielte ästhetische Impulse) vollzogen wurde.
Nicht nachsingen, sondern vorsingen
Thematisch hat das klagenfurter ensemble durch die Verwendung kritischer literarischer Texte lebender Autoren längst mit dem weit verbreiteten Theaterunfug aufgräumt, Texte auf ihre Aktualität „abklopfen“ zu müssen, dem Zuschauer hundertfach Vorgekautes auf neuem Service vorzusetzen, dem „Publikumsgeschmack“ entsprechen zu wollen. All diese Ansätze münden einzig und allein darin, dem zunehmend hinterfragenswerteren Zeitgeist hinterherzulaufen, ihn bestenfalls abzubilden, in der Rolle des Trendsetters zu verkümmern. Also: Mut ist gefragt! Nicht Themen „aufgreifen“, sondern Themen „vorgeben“, nicht nachsingen, sondern vorsingen! Inwieweit das Theater dem Zynismus unserer heutigen Gesellschaft beikommen kann, wurde immer wieder diskutiert und wird noch viele Generationen beschäftigen. Den unablässigen Versuch ist es allemal wert.